Handwerker ohne Grenzen
Prototypen zur Herstellung von Pflanzenkohle
Jochen Sauer in Antananarivo, Madagaskar
Das Projekt in Kürze
Madagaskars Herausforderungen
Madagaskar ist die viertgrößte Insel der Welt. Aufgrund ihrer isolierten Lage im Indischen Ozean konnte sich auf der Insel eine besonders vielfältige Pflanzen- und Tierwelt entwickeln. Doch die Bevölkerung Madagaskars sieht sich mit massiven Herausforderungen konfrontiert.
Das Land ist zwar reich an Ressourcen und fruchtbaren Böden und hat großes Potenzial für die Gewinnung erneuerbarer Energien. Jedoch haben jahrzehntelange wirtschaftliche Probleme, Mängel in der Regierungsführung und eine weit verbreitete Korruption zu einer teils katastrophalen Lage geführt. Der Staat ist heute ein der am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, mehr als drei Viertel der Bevölkerung lebt in extremer Armut.
Der weltweit einzigartige Naturraum ist durch menschliche Eingriffe bereits stark beeinträchtigt. War die Insel ursprünglich größtenteils bewaldet, ist inzwischen nur noch ein Bruchteil des Regenwalds erhalten.
Das Land ist zudem besonders anfällig gegenüber Naturkatastrophen wie Wirbelstürmen, Überschwemmungen und Dürren. Sie führen häufig zu Ernteausfällen und erheblichen Schäden an der Infrastruktur und bedrohen damit die Existenzgrundlagen der Bevölkerung. Der Klimawandel erhöht die Häufigkeit und Intensität der Naturkatastrophen.
Förderung der lokalen Pflanzenkohle-Herstellung
In der Hauptstadt Antananarivo führte ich eine 4-wöchige, intensive Schulung für lokale Metall-Handwerker*innen durch, um deren Fähigkeiten in der Herstellung von Maschinen zur Pflanzenkohleproduktion zu verbessern. Zuerst haben wir 5 Prototypen aus lokal verfügbaren Materialien entwickelt und gebaut:
- Verkohlungsanlage zur Verarbeitung von Biomasse aus Nebenprodukten wie Akazienholz, Kokosnussschalen und Reisspelzen sowie zur Herstellung eines Bindemittels aus Maniok. Zudem kann die Anlage im Verkohlungsprozess als Räucherofen für Lebensmittel wie Fleisch und Fischprodukte eingesetzt werden.
- Hammermühle zur Zerkleinerung der Pflanzenkohle zu feinstem Kohlenstoffstaub. Zudem mahlt dieser Häcksler Maniok und Weizen zu Mehl, unverzichtbar in der lokalen Lebensmittelindustrie.
- Knetmaschine/Mixer zur Herstellung einer pressbaren, homogenen Masse aus dem Kohlenstoffstaub mit dem in der Verkohlungsanlage hergestellten Maniokbrei
- Brikettpresse für die Biomasse aus der Knetmaschine
- Briketttrockner
Nach Überprüfung der Funktionsfähigkeit habe ich die Handwerker*innen zur Serienfertigung und Wartung der Maschinen geschult; technische Zeichnungen und Schablonen unterstützen den Nachbau der Prototypen.
Training of Trainers: Ausgewählte Teilnehmer*innen habe ich in der Schulungsmethodik und der Vermittlung der technischen Inhalte als Trainer ausgebildet. Somit sind sie in der Lage, das Projekt "Charbon écologique" (Pflanzenkohle) des Handwerkskammer-Dachverbands F.CMA.M in anderen Regionen Madagaskars auszurollen und Schulungen in der Herstellung von Pflanzenkohlemaschinen zu geben.
Was bringen Vorort-Handwerker-Einsätze?
- Basis: Kooperation auf Augenhöhe mit einer lokalen Partnerorganisation, die bei der Identifikation von Bedarfen der lokalen Handwerker*innen und bei der Organisation der Handwerker-Schulungen unterstützt.
- Ziel: Die technischen und unternehmerischen Fähigkeiten der lokalen Handwerkerinnen und Handwerker und Betriebe zu stärken.
Persönliches Fazit
Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe hat eine inspirierende Lernatmosphäre geschaffen, von der alle Beteiligten und das gesamte Projekt profitiert haben.
Die Herstellung von Pflanzenkohle-Maschinen ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung. Der Umweltschutz wird durch die Verwendung lokaler Ressourcen wie Reisspelzen und Kokosnuss gestärkt und die Bodenfruchtbarkeit durch Düngen mit den Resten der karbonisierten Pflanzenkohle ohne Chemie erhöht. Zur Nachhaltigkeit tragen auch die multiplen Einsatzmöglichkeiten der hergestellten Maschinen bei. Gleichzeitig schafft das Projekt Arbeitsplätze und stärkt die lokale Wirtschaft.
Trotz instabiler Stromversorgung und begrenzter Ressourcen gelang es uns, die Aufgaben erfolgreich umzusetzen. Die lokale Koordinatorin, Madame Rakotonirina, und alle Kursteilnehmer*innen haben mit ihrem Engagement und ihrer Kreativität gezeigt, dass auch unter schwierigsten Bedingungen innovative Lösungen möglich sind. Die enge Zusammenarbeit und der gemeinsame Wille, Grenzen zu überwinden, haben zu einem inspirierenden Ergebnis geführt.
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